Vorbeugen im Yoga

Vorbeugen im Yoga oder wie ich mir selbst entgegenkommen kann

Vorbeugen gehören zu meinen absoluten Lieblings-Asanas. Es gibt Tage an denen meine ganze Yoga – Praxis rein aus Vorbeugen besteht. Der Grund dafür ist, dass sie mich nicht nur tief in die Entspannung bringen, sondern mir auch immer wieder zeigen wie es mir und meinem Körper geht. Ich habe schon oft beobachtet wie Yogis entweder körperlich oder mental in den Vorbeugen an ihre Grenzen gestoßen sind. Aber was macht diese Körperübungen so herausfordernd und warum könnte man doch eine ganze Yoga – Einheit mit ihnen füllen?

Entspannend, stimulierend, herausfordernd

Asanas die eine Vorbeuge beinhalten haben zahlreiche Vorteile für unseren Körper und unsere Psyche. Sie helfen uns zu Entspannen und unsere Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Außerdem dehnen sie den Rücken, vor allem im Bereich der Lendenwirbel, die hintere Partie unserer Beine und stimulieren unsere Organe. Und genau diese Vorteile machen sie oft zur Herausforderung. Bei verkürzten Sehnen in der hinteren Beinmuskulatur oder Unbeweglichkeit im Rücken oder der Hüfte kann eine Vorbeuge uns körperlich an unsere Grenzen führen. Für Yogis, denen es schwerfällt während der Praxis inne zu halten und einfach einmal “nichts” zu tun kann es auf mentaler Ebene zu einer Art Abwehrhaltung kommen. Und dann kommt noch das Ego ins Spiel.

Das Ego, unser alter Freund

Unser Ego puscht uns gern weiter und weiter und flüstert uns während Paschimottanasana hinterlistig ins Ohr: „Das kann doch noch nicht alles sein, das Mädchen hinten links schafft es doch auch mit der Stirn bis zu ihren Beinen!” Und schon ist der obere Rücken gerundet und man zwingt sich so tief in die Pose, dass man nicht wirklich eine angenehme Dehnung verspürt. Sobald man es jedoch schafft loszulassen, sich auf sich selbst zu konzentrieren und zu akzeptieren, dass unser Körper nicht jeden Tag gleich auf die Asanas anspricht, kann man sich in einer Vorbeuge gehen lassen und sich selbst spüren.

Komm Dir selbst entgegen

Wenn man sich Vorbeugen ansieht, wird schnell klar, dass es sich dabei um sehr introvertierte Posen handelt. Man bewegt sich in einer Vorbeuge immer auf sich selbst zu. In der Regel wird dann weniger Muskelkraft eingesetzt und dafür bleibt man länger in der Pose und konzentriert sich auf die Atmung. Es sind oft genau diese Momente, in denen Gedanken oder Gefühle aufkommen und uns signalisieren, dass die Pose auf uns wirkt. Es ist nicht wichtig wie tief wir in eine Pose finden, es geht vielmehr darum mit Bedacht und Selbstliebe, Atemzug für Atemzug, zu spüren bis wohin ich heute mit meinem Körper gehen kann und wie weit ich mich selbst, mit einem ruhigen Geist in der Pose unterstützen kann. Akzeptanz und Selbstliebe ist die Devise.

Wann man Vorbeugen besser vermeidet

Vermeiden sollte man diese Asanas bei Blutdruckproblemen, Bandscheibenvorfällen und vor allem Problemen im unteren Rücken und auch in der Schwangerschaft ist es ratsam auf intensive Vorbeugen zu verzichten.

Vorbeugen können zum einen also sehr entspannend auf den Körper und den Geist wirken, sie können uns aber auch mental und physisch herausfordern. Je mehr wir dann unsere Aufmerksamkeit nach innen richten, zulassen und akzeptieren was auch immer uns signalisiert wird und einen Schritt auf die eigenen Bedürfnisse zu gehen, desto mehr können wir eintauchen in die Entspannung dieser wunderbaren Asanas.

Autor:

Carmen Jedinger Yoga Teacher & Teacher Trainer